Standpunkte 3/2018
Minister Heils Vorschlägen die Mitarbeiter auf Zuruf für bis zu fünf Jahre in Teilzeit ge- hen können. Ersatz könnten wir nach unse- remTarifvertrag imNorden aber nur für ma- ximal 18 Monate einstellen. Schon dieses Lückenfüllen würde zu einem ungesunden Drehtür-Effekt in den Betrieben führen. Praktisch finden wir aber kein qualifiziertes Personal, schon gar nicht für 18 Monate be- fristete Teilzeit, weshalb Arbeitsverdich- tung, Überstunden oder der Einsatz von Zeitarbeit zunehmen würden – das kann doch kein verantwortlich handelnder Ar- beitsminister wollen. Standpunkte: Nehmen sich die Sozialde- mokraten diese Befürchtungen der Unter- nehmer zu Herzen? Dr. Bartke: Die SPD befindet sich immer im regen Austausch mit den Unternehmern. Aber die Verbesserung des Verhältnisses von Arbeit und Freizeit ist für uns eine Her- zensangelegenheit. Wenn man eine Familie gründen will, sind gute Lebensperspektiven und sichere Arbeitsplätze besonders wich- tig, weshalb gute Teilzeitregelungen gerade für Frauen bedeutend sind, ebenso die Ein- schränkung der sachgrundlosen Befristung. Und natürlich ist das neue Brückenteilzeit- gesetz praktikabel: Wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitneh- mers beschäftigt wird, so ist das ein Sach- grund und auch zukünftig nicht auf 18 Mo- nate befristet. Der befristeten Teilzeit dür- Standpunkte: SPD-Bundesarbeitsminister Heil will neue Regeln für das Rückkehrrecht aus Teil- in Vollzeit einführen und die sach- grundlose Befristung einschränken. Wa rum fürchten die Arbeitgeber, dass ihnen so die Personalhoheit in den Betrieben genom- men wird? Dr. Fickinger: Weil die Pläne schlicht nicht praktikabel sind. Der Fachkräftemangel wächst sich jetzt schon zur Fachkräftekrise aus, viele Unternehmen der M+E-Branche können bereits heute Aufträge mangels Per- sonal nicht mehr abarbeiten. Das würde noch schlimmer werden, wenn künftig nach Foto: Christian Augustin Dr. Nico Fickinger … ist in Bad Kreuznach geboren, studierte Volkswirtschaftslehre in Heidelberg und Rom und promovierte 2004 mit einer Analyse des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähig- keit. Der 53-Jährige ist seit 2014 Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL sowie geschäftsführendes Vorstandsmitglied des AGV NORD und der Unternehmensverbände in Mecklen- burg-Vorpommern. Zuvor war er Geschäftsführer des Arbeitge- berverbands Gesamtmetall in Berlin. Bis 2008 berichtete er als Wirtschaftskorrespondent aus der Berliner Parlamentsredaktion der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.). Dr. Matthias Bartke … stammt aus Bremen, leistete in Rotenburg (Wümme) seinen Grundwehrdienst und absolvierte in Hamburg 1987 die einstufi- ge Juristenausbildung. Nach Positionen am Institut für Friedens- forschung und Sicherheitspolitik der Universität sowie in der Sozialbehörde Hamburgs wurde der Rechtsanwalt 2011 Bürolei- ter des Sozialsenators Detlef Scheele. 2013 und 2017 gewann der Sozialdemokrat den Bundestagswahlkreis Hamburg-Altona direkt, den vor ihm Olaf Scholz in Berlin vertrat. Zwei Menschen, zwei Sicht weisen: Der SPD-Bundestagsab- geordnete und Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses Dr. Matthias Bartke (59) sowie der Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL Dr. Nico Fickinger (53) setzten nach der Standpunkte TV-Ausgabe von Ende Mai ihre Debatte um die neuesten Pläne des Bundesar- beitsministers zur Reform des Arbeitsrechts fort. 30 3/2018 Standpunkte NORDMETALL 31 3/2018 Standpunkte NORDMETALL
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