Standpunkte 1/2018
Deutschland relevant, wo Tallagen oder ex tremes Verkehrsaufkommen zu höheren Messwerten führen, und auch das eigentlich nur in besonderen Wettersituationen. Ich finde es schizophren, dass man aus Öko- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten Fahrver- bote plant, den Diesel verteufelt, aber letzt- lich nur Volksvermögen vernichtet und auch keine gute Umweltbilanz hinterlässt. Imke Byl: Also erst mal müssen wir doch beispielhaft festhalten: So ein großer Kon- zern wie Volkswagen hat nicht nur bei den Abgaswerten schwer getäuscht, er hat auch lange die Zukunft verschlafen. Mir als Abge- ordnete aus Gifhorn nahe Wolfsburg hat das große Sorgen gemacht, auch wegen der Arbeitsplätze. Dass man jetzt massiv in E- Mobilität investieren möchte und auch viele Neuerungen zu bieten hat, ist gut. Im Übri- gen gilt: Gesetzliche Höchstwerte für Abgas emmissionen gelten seit Jahren.WennAuto- konzerne betrügen und die Bundesregie- rung nichts für die Umsetzung von EU-Vorgaben tut, dann darf man sich nicht wundern, wenn irgendwann die Gerichte entscheiden und Fahrverbote kommen. Klingner: Diese Abgaswerte sind zum größten Teil willkürlich gegriffen. Und selbst wenn wir das akzeptieren, zeigt doch das Beispiel der Umweltzonen in deutschen Standpunkte: Viele Dieselfahrer fragen sich, ob sie noch mit dem richtigen Motor unterwegs sind, mehr Autokäufer als bisher wählen einen Benziner oder wagen sich an ein E-Mobil. Ist die Aufregung in der Diesel- debatte um unzutreffende Abgaswerte, Feinstaub- oder Stickoxidbelastungen und drohende Fahrverbote eigentlich ange- bracht? Prof. Dr. Matthias Klingner: Nein, in die- ser Form nicht. Für die Feinstaubwerte in unserer Luft ist der Diesel praktisch irrele- vant. Für die Stickoxidbelastung wird er mehrheitlich an den wenigen Stellen in Fotos: Christian Augustin Zwei Menschen, zwei Sichtweisen: In der Januar-Ausgabe von Standpunkte TV (abrufbar unter www.nordmetall. de) diskutierten unter anderem die niedersächsische Landtagsabgeord- nete der Grünen Imke Byl (24) und der Leiter des Dresdner Fraunhofer- Instituts für Verkehrs- und Infrastruk- tursysteme Prof. Dr. Matthias Klingner (63) über die Zukunft des Diesels, Feinstaubwerte und Fahr- verbote. Nach der Sendung setzten die Politikerin und der Forscher ihre Debatte intensiv fort. Imke Byl … stammt aus Gifhorn und absolvierte 2016 den Bachelor in Um- weltwissenschaften an der Universität Lüneburg. Seit November 2017 gehört sie der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im nieder- sächsischen Landtag an und befasst sich dort mit den Themenfel- dern Umwelt, Energie, Klimaschutz und Frauenpolitik. Prof. Dr. Matthias Klingner … ist Dresdner und schloss dort 1978 sein Diplomstudium der Informati- onstechnik an der TU ab, bevor er 1984 promovierte. Zwischen 1992 und 2000 baute er die Forschungsgruppe „Hybride Systeme“ in der Dresdner Fraunhofer-Einrichtung für Prozesssteuerung des Fraunhofer-Instituts für In- formationsverarbeitung in Technik und Biologie Karlsruhe auf. Von 2001 bis 2005 steuerte er den Ausbau der Abteilung „Verkehr, Energie und Umwelt“ im Dresdner Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, seit 2005 leitet er das Institut und ist seit 2013 Honorarprofessor für System theorie in der Anwendung an der TU Bergakademie Freiberg, Fakultät für Maschinenbau, Verfahrens- und Energietechnik. 30 1/2018 Standpunkte NORDMETALL 31 1/2018 Standpunkte NORDMETALL
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